Falsche Verdächtigung bei falschem Insolvenzantrag

Die wahrheitswidrige Behauptung gegenüber dem Insolvenzgericht, ein Schuldner sei zahlungsunfähig, erfüllt den Tatbestand der falschen Verdächtigung gem. § 164 Abs. 2 StGB.

In einem Strafverfahren vor dem OLG Koblenz wurde dem Angeklagten zur Last gelegt, beim Amtsgericht als „Managing Direktor“ der Gesellschaft C. E.., einer Gesellschaft nach luxemburgischem Recht, Insolvenzantrag über das Vermögen der X. Y. S.A. gestellt zu haben, wobei er wider besseres Wissen behauptet haben soll, die Insolvenzschuldnerin sei zur Rückzahlung eines ihr am 1. Januar 2009 gewährten Darlehens von 2,1 Millionen Euro nicht in der Lage und damit zahlungsunfähig. Tatsächlich soll das Darlehen zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits in Höhe von 1,35 Millionen Euro zurückgezahlt und im Übrigen die Rückzahlung noch nicht fällig gewesen sein.

In dem Strafverfahren hat das OLG Koblenz zu dem Tatbestand der falschen Verdächtigung gem. § 164 Abs. 2 StGB klargestellt: „Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer über einen anderen wider besseres Wissen eine Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.“ Diese Voraussetzungen sieht das OLG Koblenz in dem Strafverfahren als gegeben an und führt aus:

„Der Angeklagte hat mit der schriftlichen Mitteilung, die X. Y. S.A. sei zur Rückzahlung des gewährten Darlehens nicht in der Lage und daher zahlungsunfähig, eine (sonstige) Behauptung tatsächlicher Art aufgestellt. Diese Behauptung hat der Angeklagte auch gegenüber einer Behörde abgegeben, was sich unmittelbar aus § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB ergibt, wonach Gerichte Behörden im Sinne des Strafgesetzbuches sind. (…) Entgegen der Auffassung der Strafkammer war die Behauptung des Angeklagten auch geeignet, ein behördliches Verfahren gegen die X. Y.  S.A. herbeizuführen. (…) Das Insolvenzgericht wird nach Eingang des Antrags von Amts wegen tätig und führt seine Ermittlungen unabhängig von einer Kostendeckung (…) Nach alledem handelt es sich bei dem Insolvenzverfahren um ein Verfahren, in dem eine staatliche Behörde in Gestalt eines Gerichts den Beteiligten unter Ausübung hoheitlicher Gewalt gegenübertritt. Dem steht nicht entgegen, dass der Insolvenzantrag gemäß § 13 Abs. 2 InsO bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder rechtskräftigen Abweisung des Antrags zurückgenommen werden kann. § 164 Abs. 2 StGB stellt nur darauf ab, dass die Behauptung geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen den Denunzierten herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. Verfahrensrechtliche Einflussmöglichkeiten des Denunzianten, die wie die Antragsrücknahme im Insolvenzverfahren den weiteren Fortgang des Verfahrens hindern können, berühren aber die Eignung seiner Behauptung zur Herbeiführung oder Fortdauer des Verfahrens nicht. Dies zeigt ein Blick auf § 164 Abs. 1 StGB, wo es der Denunziant im Bereich der sog. absoluten Antragsdelikte ebenfalls in der Hand hat, den Strafantrag – sogar bis zur Rechtskraft des Urteils – zurückzunehmen und damit ein Verfahrenshindernis für die Verurteilung des Denunzierten zu begründen. Auch hier führt die Möglichkeit, dass der Denunziant den weiteren Fortgang des Verfahrens anhalten kann, nicht dazu, dass die entsprechenden Delikte vom Tatbestand ausgenommen sind.“

Auch im Weiteren ist der Tatbestand des § 164 Abs. 2 StGB erfüllt, da der denunzierte Betroffener eines Insolvenzverfahrens – im Gegensatz zu § 164 Abs. 1 StGB – auch eine juristische Person sein kann. „Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens gegen eine solche Gesellschaft kann – über die genannten Eingriffe in deren Vermögensverwaltung hinaus – mit erheblichen, wirtschaftlich nachteiligen Auswirkungen verbunden sein. Möglicherweise werden potentielle Vertragspartner, insbesondere Banken, von Geschäften mit dem vermeintlichen Insolvenzschuldner abgehalten, was gegebenenfalls den Ruin des Unternehmens bedeuten kann. Derjenige, der solche wirtschaftlichen Folgen wider besseres Wissen in Schädigungsabsicht verfolgt, hat sich daher nach § 164 Abs. 2 StGB strafrechtlich zu verantworten.“

OLG Koblenz, Urteil vom 15.10.2012 – 2 Ss 68/12

Nach oben scrollen