Der geprellte Anleger eines betrügerischen Schneeballsystems oder auch Pyramidensystems erleidet häufig nicht nur einen Totalverlust seiner Anlagesumme, sondern wird zudem durch das Finanzamt mit der Besteuerung der Scheingewinne in Anspruch genommen. Um der vermeintlichen Steuerforderung Nachdruck zu verleihen wird gegen den geschädigten Anleger oft zudem ein Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung aus den verschwiegenen Scheingewinnen eingeleitet.
Der freie Kapitalmarkt lockt den gewinnorientierten Anleger immer wieder mit den unterschiedlichsten Anlagemodellen und der Aussicht auf lukrative Renditen. Entgegen den Versprechungen entpuppen sich jedoch zahlreiche dieser Anlagemodelle als betrügerische Schneeballsysteme oder illegale Pyramidensysteme. Als solche stehen aus jüngster Zeit z. B. das Finanzunternehmen der Premium Safe Ltd. & Co Verwaltungs KG und dessen Betreiber Herrn Daniel Uckermann oder die Medienbriefe der „Osnabrücker Sonntagszeitung“ (NOZ) unter der Verantwortung von Herrn Norbert Fuhs im Verdacht. Im Glauben an traumhafte Renditen beteiligen sich die Anleger an scheinbar seriösen Anlagen in Form von Hybridanleihen, Genussrechten und sonstigen Anlegerdarlehen mit sagenhaften Renditeversprechungen und Erfolgsbeteiligungen.
Tatsächlich scheinen sich zu Beginn der Kapitalanlage die gemachten Renditeversprechen zu bewahrheiten, denn der Anleger erhält Kontoauszüge auf denen ein enormer Wertzuwachs seiner Beteiligung ausgewiesen wird. Dabei übersteigen die dokumentierten Wertzuwächse oftmals sogar die ursprünglichen Renditeversprechungen um ein Vielfaches. In der Absicht seine Renditechancen noch weiter zu steigern, lässt der getäuschte Anleger seine vermeintlichen Gewinne jedoch nicht auszahlen, sondern lässt diese als neue Anlage stehen. Dabei trügt der schöne Schein und meist früher als später wird der Kapitalanleger durch den Zusammenbruch des Schneeballsystems oder Pyramidensystems mit der Realität der betrügerischen Anlage konfrontiert. Der Kapitalanleger muss dabei erkennen, dass er um die getätigte Anlage geprellt worden ist und ein Rückzahlungs- oder Schadensersatzanspruch faktisch in Leere läuft, da das Finanzunternehmen insolvent ist und die verantwortlichen Personen und Vermittler entweder nicht greifbar oder durch die Strafverfolgungsbehörden dingfest gemacht wurden und selbst mittellos sind.
Nachdem der geprellte Kapitalanleger den Verlust seiner Anlage realisiert hat erreicht ihn regelmäßig eine weitere Hiobsbotschaft in Form einer Steuerforderung durch das zuständige Finanzamt. Dieses deklariert die in den Kontoauszügen des Finanzunternehmens ausgewiesenen Scheingewinne als realen Zufluss von Kapitaleinnahmen und fordert von dem geprellten Anleger 25 % Kapitalertragssteuer zzgl. Solidaritätszuschlag. Zudem fordert der Fiskus 6% Verspätungs- bzw. Hinterziehungszinsen pro Jahr! Damit nicht genug wird durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) zudem der Vorwurf der Steuerhinterziehung erhoben und eine beträchtliche Strafe angedroht.
In steuerlicher Hinsicht verdient der Fiskus am Schneeballsystem mit. Mehrfach hat die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung entschieden (BFH 14.12.2004 – VIII R 81/03; BFH 16.03.2010 – VIII R 4/07; VII R 36/04), dass auch Scheingewinne – also Renditen die den Anlagern bescheinigt aber tatsächlich nicht erzielt worden sind – der Einkommensteuerpflicht unterliegen. Nach dieser Rechtsprechung gilt auch, dass ein geprellter Anleger eine strafbare Steuerhinterziehung begeht, wenn er die Scheingewinne nicht in seiner Steuererklärung angibt bzw. angegeben hat. Dabei kann sich der geprellte Anleger nicht darauf berufen, dass er die Scheingewinne gar nicht erhalten hat.
Was ist zu tun?
Wenn die Scheingewinne noch nicht in der Steuererklärung angegeben worden sind, ist dringend eine Berichtigungserklärung nach § 153 AO oder an eine strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 371 AO zur Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen in Betracht zu ziehen.
Zudem ergeben sich in Abhängigkeit des jeweiligen Schneeballsystems sowie der konkreten Anlageform rechtliche Möglichkeiten die von den Finanzbehörden eingeforderte Steuerpflicht der Scheingewinne erfolgreich anzugreifen. Denn nicht in jedem Fall unterliegen die Gutschriften aus angeblichen Renditeversprechungen eines Schneeballsystems der Einkommensteuer.
Neben dem Bestreiten der Steuerforderung ist eine Verteidigung im Steuerstrafverfahren unerlässlich. Das Steuerstrafverfahren unterliegt eigenen Regelungen und Vorgaben und ist von dem Besteuerungsverfahren getrennt zu sehen. Im Steuerstrafverfahren gelten u.a. die Unschuldsvermutung sowie der Grundsatz „in dubio pro reo“. Die Strafverfolgungsbehörden müssen dabei nicht nur den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung nachweisen, sondern auch den notwendigen Vorsatz feststellen.