24-Stunden-Pflege, Risiken für Patienten und Angehörige
Im Bereich der sog. 24h-Betreuung müssen pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige häufig auf die Hilfe externer, zumeist ausländische Betreuungskräfte zurückgreifen. Die 24h-Kräfte werden zumeist von unterschiedlichen Firmen an den Patienten und deren Angehörige vermittelt. Regelmäßig wird die Betreuungskraft sodann für einen bestimmten Zeitraum in dem Haushalt der pflegebedürftigen Person aufgenommen und leistet dort ihre hilfreiche Tätigkeit.
Die rechtliche Einordnung und Zulässigkeit der Tätigkeit ist hoch komplex und im Einzelnen streitig. Dies gilt für nahezu alle Modelle der sog 24h-Betreuung, welche am Markt angeboten werden. Rechtliche Unsicherheiten bestehen insbesondere in den Fällen, in welchen die Betreuungskraft als selbständiger Dienstleister auftritt. Hier besteht die große Gefahr, dass die Betreuungskraft durch die Behörden als Scheinselbständig eingestuft wird. Dies hat für die pflegebedürftige Person und deren Angehörigen zur Konsequenz, dass sie von den Behörden möglicherweise mit dem Vorwurf der „Schwarzarbeit“ konfrontiert werden.
In rechtlicher Hinsicht ebenso unsicher ist die Beschäftigung von ausländischen Betreuungskräften im Rahmen einer sog. Entsendung. Hier wird dem pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen versichert, dass die Betreuungskraft bei einem Unternehmen im Ausland angestellt ist und daher im Ausland die Sozialversicherungsbeiträge sowie die Lohnsteuer gezahlt wird. Rechtlich möglich und erlaubt sei die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer im Ausland auf Grundlage der sog. Entsendebescheinigung A1 (früher E-101). Diese Aussage gegenüber dem pflegebedürftigen Menschen und seinen Angehörigen ist in aller Regel rechtlich falsch! Meistens fehlt es bereits an der Entsendebescheinigung A1, welche die Betreuungskraft auch auf Anfrage nicht vorlegen kann. Davon unabhängig handelt es sich in rechtlicher Hinsicht zumeist nicht um eine Entsendung, sondern um eine sog. Arbeitnehmerüberlassung. Das ausländische Unternehmen überlässt dem Patienten bzw. dessen Angehörigen für eine bestimmte Zeit seine Mitarbeiter und erhält hierfür von dem Patienten bzw. dessen Angehörigen ein monatliches Entgelt. Diese Situation ist für den Patienten und seine Angehörigen besonders gefährlich, da es sich hierbei oftmals um eine illegale Arbeitnehmerüberlassung handelt. Die illegale Arbeitnehmerüberlassung hat zur Konsequenz, dass die Vereinbarung zwischen dem ausländischen Arbeitgeber und dem Patienten und dessen angehörigen unwirksam ist (§ 9 Nr. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz). Noch schlimmer ist, dass der Patient bzw. dessen Angehörige per Gesetz und automatisch zum Arbeitgeber werden (§ 10 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz)! Da der Patient bzw. dessen Angehörige aber bisher keine Lohnsteuer und keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt hat, wozu jeder Arbeitgeber verpflichtet ist, muss er diese nachträglich bezahlen. Dies gilt auch, wenn er gutgläubig war und monatlich das Entgelt an das ausländische Unternehmen oder einen Vermittler bezahlt hat! Darüber hinaus besteht die Gefahr der Strafbarkeit wegen Lohnsteuerhinterziehung und Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen.
Pflegebedürftige Personen und deren Angehörige ist dringend anzuraten, vor Abschluss eines Vertrages über die 24h-Betreuung einen neutralen Rechtsanwalt zu konsultieren.
Pflegebedürftige Personen und deren Angehörige sollten zwingend dann einen fachkundigen und auf die Materie spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen, wenn der Zoll Auskunft über die Tätigkeit der Betreuungskraft verlangt. Die Gefahr ist enorm hoch, dass die pflegebedürftige Person oder deren Angehörige solche Angaben machen, die sie zum Haftungsschuldner gegenüber den Krankenkassen machen. Ebenso groß ist das Risiko, der bewussten oder unbewussten Selbstbezichtigung einer Straftat. Denn auch hier gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!